Dienstag, 19.05.2020 Presse

„Gesundheit wird nicht nur von Corona gefährdet“

Krebsmediziner sorgen sich / Tumorzentrum Oberfranken appelliert an Bevölkerung / von Rainer Glissnik

Aus Angst vor dem Coronavirus gehen viele Menschen mit schweren Erkrankungen zu spät zum Arzt, auch wichtige Vorsorgeuntersuchungen werden abgesagt. Krebsdiagnosen werden zunehmend später gestellt und die Heilungschancen werden schlechter. Prof. Gerhard Grabenbauer (Coburg), Dr. Rumo Leistner (Bamberg), Prof. Alexander Kiani (Bayreuth), Prof. Bernd Greger (Lichtenfels) und Dr. Peter Anhut (Kronach) vom Vorstand des Tumorzentrum Oberfranken e.V. appellieren an die Bevölkerung, trotz der Situation wichtige Untersuchungen und die Krebsvorsorge weiterhin anzunehmen.

Gehen Sie zur Vorsorge und Nachsorge, verschieben Sie keine wichtigen Untersuchungen, appelliert das Tumorzentrum Oberfranken. Dessen Schatzmeister Dr. Peter Anhut und Patientin Ingeborg Endner schließen sich aus Überzeugung diesem Aufruf an. Foto: Rainer Glissnik

Bayreuth/Bamberg/Coburg/Kronach/Lichtenfels – „Gehen Sie zu Ihren Haus- und Fachärzten zu Vor- und Nachsorgeuntersuchungen und lassen Sie möglicherweise schwerwiegende Gesundheitsprobleme von ihrem Arzt abklären.“ Das Tumorzentrum Oberfranken warnt, dass die Angst vor COVID-19 nicht dazu führen darf, dass die Früherkennung wesentlicher Erkrankungen oder die Durchführung wirksamer Therapien verzögert wird. Die Folgen für Patientinnen und Patienten können im Einzelfall erheblich sein.

Häufig stellt für Patienten die Krebskrankheit eine weitaus größere Gefahr für ihr Leben dar als COVID-19. Bisher liegen zwar noch keine belastbaren Daten hierzu vor, es ist aber im Moment eine Tendenz zu beobachten, dass die Zahl der aktuell neu diagnostizierten Tumore zurückgeht. Bei Krebserkrankungen wird die Erstdiagnose zum Teil im Rahmen der Früherkennung gestellt. Diese Screening-Untersuchungen finden immer seltener statt, entsprechend ist mit einer Welle von verspäteten Neudiagnosen im Sommer und Herbst dieses Jahres zu rechnen.

„Natürlich ist die Corona-Pandemie sehr ernst zu nehmen“, erklärt der niedergelassene Onkologe Dr. Peter Anhut. „Aber Gesundheitsgefährdung besteht nicht nur aus Corona. Es gibt etwa auch Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen, die schwerwiegende Schäden bei den betroffenen Menschen zur Folge haben können, insbesondere wenn sie spät diagnostiziert werden“. Die medizinischen Einrichtungen sind inzwischen bestens auf die Corona-Situation vorbereitet. Mund-Nase-Schutz für Patienten und Personal, Abstandsregelungen, Händedesinfektion, Verminderung der Plätze im Wartezimmer etc. und Isolation von positiv-getesteten Patienten sind in Praxen und Krankenhäusern etablierte Massnahmen. Meist wurden und werden die vorgehaltenen Ressourcen in den Praxen und Kliniken gar nicht ausgeschöpft.

Die Routineversorgung der Medizin wurde wegen Corona zurückgefahren und viele Patienten scheuen sich, jetzt ihre Ärzte aufzusuchen. Unnötig, denn es haben sich die Arztpraxen und Krankenhäuser längst auf die Gefahren eingestellt. „Wir müssen die Corona-Pandemie sehr ernst nehmen, dürfen aber die anderen Erkrankungen und Gefahren für unsere Gesundheit nicht vergessen“, unterstreicht Dr. Peter Anhut. „Gesundheit wird nicht nur von Corona gefährdet, da gibt es noch mehr.“

„Ich habe überhaupt keine Bedenken“, erklärt Patientin Ingeborg Endner. Die Kronacherin ist seit fünf Jahren Patientin bei Peter Anhut. Zum Pressegespräch kommt sie mit einer „stylischen“, selbst genähten Schutzmaske. Selbstverständlich achtet sie auf den Mindestabstand, macht aber deutlich, wie wichtig es für sie ist, Arzttermine weiterhin wahrzunehmen. Alle vier Wochen kommt sie an zwei Tagen in die Praxis. Aufgrund der Behandlung ist sie seitdem beschwerdefrei. Sie leidet an einem Immundefekt, an einem Antikörpermangelsyndrom. Alle vier Wochen werden ihr Antikörper über die Venen verabreicht.

„Meine Gesundheit ist mein höchstes Gut“, erklärt sie. „Ich kann und muss selber darauf achten. Ich habe überhaupt keine Angst gehabt zu einem Doktor zu gehen.“ Sie verwies auf eine kürzliche Zahnoperation. „Was sein muss, muss sein, da muss man hin.“ Bei den Ärzten fühlt sie sich sicherer als in jedem Einkaufsmarkt. Zu den Ärzten und in die Apotheken geht sie ohne Bedenken, die Einkäufe erledigen ihre Kinder und Enkel.
Eindringlich appelliert die Patientin, die Gesundheitsvorsorge weiterhin anzunehmen. „Ich bin hier sehr gut aufgehoben“, betont sie. „Was ich für meine Gesundheit brauche, mache ich.“

Hintergrund Tumorzentrum Oberfranken

Bayreuth – Das Tumorzentrum Oberfranken e.V. wurde im Jahre 2009 als Netzwerk und Qualitätsplattform für die in Oberfranken beheimateten Haus- und Fachärzte, deren Patienten und Angehörigen gegründet. Das Tumorzentrum Oberfranken e.V. möchte die Behandlung von Krebspatienten auf einem hohen Niveau in ganz Oberfranken sicherstellen und weiter verbessern. Unter dem Dach des Tumorzentrums Oberfranken findet in insgesamt zwölf verschiedenen Projektgruppen ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch durch Fortbildungen und Qualitätszirkel für Krebsspezialisten statt. Der Vorstand besteht zur Zeit aus Professor Dr. Gerhard Grabenbauer (Coburg), stellvertretendem Sprecher Dr. Rumo Leistner (Bamberg) und Schriftführer Professor Dr. Alexander  Kiani (Bayreuth), der Leiter des Krebsregisters in Bayreuth Prof. Bernd Greger (Lichtenfels) sowie Schatzmeister Dr. Peter Anhut (Kronach). Im Beirat sind viele Mediziner aus ganz Oberfranken eingebunden. 

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